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Blue Danube Waltz

Ausgabe 2 / Hot Stories / 22. August 2017

Der Donauwalzer feiert 150 Jahre. Mit ihm begann Wiens Deutungshoheit über die Ballsäle der Welt.

Typisch Wien. Nur wenige Monate nach der schlimmsten militärischen Niederlage gegen Erzfeind Preußen bei Königgrätz mit vielen Toten, Verwundeten und Gefangenen lud der Wiener Männergesang-Verein am 15. Februar 1867 schon zu einer Faschingsliedertafel in den Saal des Dianabades. Johann Strauss steuerte, ein altes Versprechen einlösend, eine Walzerpartie unter dem Titel „An der schönen blauen Donau“ bei. Es dauerte nicht lange, und die sehr geschäftstüchtige Familie Strauss spielte in ganz Europa und später auch in den USA ­jenen Walzer, der zur eigentlichen ­Hymne Wiens wurde.

Der A-Dur-Dreiklang-Ohrwurm gehört wohl zu den wenigen ­Melodien, die fast überall auf dem Globus bekannt sind. Und in vielen Staaten ist er untrennbar mit Ballkultur,
Silvester und Wien verbunden. Mehr noch: Der Donauwalzer ist sozusagen überirdisch. Im Science-Fiction-Kultfilm „2001: ­Odyssee im Weltraum“ ließ Stanley Kubrick zum Strauss-Walzer Raumschiffe tanzen und die interstellare Crew in der Schwere­losigkeit Häppchen servieren. Apropos Flugreise: Bei den Austrian Airlines ertönt der Donauwalzer traditionell nach der Landung aus den Lautsprechern. Das ist genau der Zeitpunkt, wenn die Fluggäste auf den Gang drängen, wo sie dann, noch eingequetscht zwischen den Sitzen, mindestens zehn ­Minuten auf die Öffnung zum Gate warten müssen. Da liegen bei manchen ja die Nerven blank, denn schließlich will man der Erste sein, der dann im Flughafen auf sein Gepäck wartet. Dazu etwas Erhebendes, Fröhliches zu spielen, ist sicher nicht falsch. Und die Kunden sind – wie eine Umfrage im Vorjahr zeigte – damit auch zufrieden: 72 Prozent gaben an, dass sie den Donauwalzer vermissen würden. 150 Jahre nach der Urauf­führung dürfte dieses Musikstück jenes sein, auf das sich alle Musikgeschmäcker einigen können.

In der Wienbibliothek im Rathaus war bis vor kurzem die Ausstellung „Donau, so blau. 150 Jahre An der schönen, blauen Donau von Johann Strauss“ zu sehen, die die Entstehungsgeschichte des berühmten Walzers in Dokumenten nachzeichnete. So soll sich Strauss mit der „blauen Donau“ (nach einem Gedicht von Karl Beck) auf ein Dorf in Ungarn bezogen haben.
Bei der Uraufführung 1867 im Dianabad sang man sowieso einen anderen Text, denn Joseph Weyl, der „Hausdichter“ des Vereins, nahm in seiner Fassung noch auf den besonderen Umstand, so kurz nach der Niederlage Fasching zu feiern, Bezug. Es gab auch noch andere Textversuche, das süßlich-patriotische „Donau so blau“ von Franz von Gernerth von 1889 konnte sich aber schließlich durchsetzen.

Entgegen falschen Darstellungen war der Donauwalzer gleich bei der Uraufführung ein Riesenerfolg. Die Nachfrage nach Klaviernoten war augenblicklich enorm – schließlich gab es ja noch keine Abspielgeräte für Musik. Die internationale Karriere des Donauwalzers startete auch schon im Mai 1867, als Strauss die Orchesterfassung im Rahmen der Weltausstellung auf dem Marsfeld in Paris aufführte. Ein Gastspiel wenig später in London machte den Walzer auch in der englischen Welt ­bekannt. Bei der Aufführung in London soll ein 100-Mann-Chor zum Einsatz gekommen sein. Strauss sprach vom „­größten Konzert meines Wirkens“ – bis er später in den USA noch weit umfangreichere Orchester leiten sollte.

Im „Haus der Musik“ können sich Besucher als Dirigenten des Donauwalzers versuchen.

Der Donauwalzer ist in der Tat so populär geworden, dass man seine hohe musikalische Qualität oft einfach vergisst. Das fängt schon damit an, dass der berühmteste Walzer der Musikgeschichte in einem Zweier-Takt (mit dem Dreiklang a–cis–e) beginnt und nicht – wie man annehmen müsste – im ¾-Takt des Walzers, wie man ihn in allen Tanzschulen der Welt lernt. Und genau genommen besteht er aus fünf Walzern plus Einleitung und Coda. Die Hauptmelodie ist freilich so eingängig, dass sie schon als Kennmelodie für den Verkehrsfunk (in Neuseeland) oder für den Küstenfunk (in Uruguay) verwendet wurde.

Und zweifelsohne genügen ein paar Takte Donauwalzer, um uns hier in Wien in Ball- und Feierstimmung zu versetzen. Ein Neujahrskonzert ohne Donauwalzer ist sowieso undenkbar. Heuer soll Gustavo Dudamel wieder eine besonders schwungvolle Interpretation gelungen sein.

 

 

 

 

 

Text :  HELMUT SCHNEIDER